Aktuelle Urteile - Rechtsanwalt-Eppingen

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Aus dem Verkehrsrecht:


Sicherung von Kindern im Fahrzeug

Jeder Fahrer ist verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, dass ein im Kraftfahrzeug mitfahrendes Kind während der gesamten Fahrt ausreichend gesichert ist und es auch bleibt.

Der Betroffene war vom AG wegen fahrlässiger nicht vorschriftsgemäßen Sicherung wegen eines Kindes in Tateinheit mit Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaften um 15 km/h zu einer Geldbuße von 40 € verurteilt worden. Der Betroffene hat daraufhin die Zulassung der Rechtsbeschwerde beantragt und dabei das Rechtsmittel auf die Verurteilung wegen fahrlässiger, nicht vorschriftsmäßiger Sicherung eines Kindes und den Rechtsfolgenausspruch beschränkt. Das OLG hat die Rechtsbeschwerde zugelassen, verwirft diese jedoch auf Kosten des Betroffenen als unbegründet.

Laut OLG war die Rechtsbeschwerde zwar nicht, wie vom Betroffenen vorgetragen, wegen Verletzung rechtlichen Gehörs geboten, jedoch unter dem Gesichtspunkt noch ungeklärter Rechtsfragen zur Fortbildung des Rechts. Dem Betroffenen ist, so das OLG, zuzugeben, dass es bisher an obergerichtlicher bzw. höchstrichterlicher Rechtsprechung zu der Frage fehlt, ob den Führer eines Kraftfahrzeugs auch während der Fahrt eine Kontrollpflicht in Bezug auf die Sicherung des Kindes während der gesamten Fahrt trifft. Bei entscheidungserheblichen, abstraktionsfähigen Rechtsfragen, die noch ungeklärt sind, besteht die Fortbildung des Rechts aber insbesondere darin, dem Rechtsbeschwerdegericht zu ermöglichen, bei der Auslegung von Rechtssätzen seine Rechtsauffassung  in einer für die nachgeordneten Gerichte richtungsgebenden Weise zum Ausdruck zu bringen. In der Sache selbst hat die Rechtsbeschwerde dann jedoch keinen Erfolg. Die Pflicht des Kfz-Führers, während der gesamten Fahrt dafür Sorge zu tragen, dass ein im Fahrzeug befördertes Kind vorschriftsmäßig gesichert bzw. angeschnallt ist und es auch bleibt, ergibt sich aus § 23 Absatz 1 Satz 2 StVO in Verbindung mit § 3 Absatz 2a StVO.
Das OLG weist darauf hin, dass es insoweit keine Führsorgepflicht des Fahrers gegenüber im Kraftfahrzeug beförderten Personen gibt, die selbst Normadressaten der Anschnallpflicht sind. Für den nach § 3 Absatz 2a StVO schutzwürdigen Personenkreis, das heißt auch für Kinder, gilt jedoch etwas anderes, denn hier besteht ausnahmsweise eine besondere Führsorgepflicht.
Gegenstand dieser Führsorgepflicht ist nach Auffassung des OLG eine Kontrollpflicht des Fahrers während der gesamten Fahrt. Der Umfang dieser Kontrollpflicht ist dabei von den Umständen des jeweiligen Einzelfalls abhängig, zu denen insbesondere das Alter, die motorischen Fähigkeiten und die Einsichtsfähigkeit des beförderten Kindes gehören.
Die Tochter des Betroffenen war im Zeitpunkt der Begehung der Ordnungswidrigkeit 4 Jahre alt und in der Lage, sich eigenständig abzuschnallen. Hiermit musste der Betroffene nach Auffassung des OLG auch angesichts der durchschnittlichen motorischen Fähigkeiten eines Kindes dieses Alters rechnen, selbst wenn es sich um einen erstmaligen Vorfall mit seiner Tochter handelte. Das OLG betont, dass einem 4-jährigen Kind üblicherweise deutlich gemacht werden muss, dass zu schwerwiegenden Folgen kommen kann, wenn es sich während der Fahrt abschnallt.
Insbesondere hat auch ein 4-jähriges Kind üblicherweise das ausgesprochene Verbot, sich während der gesamten Fahrt abzuschnallen zu verstehen, zu akzeptieren und zu befolgen. Ein derartiges Verbot des Betroffenen - gegebenenfalls unter Androhung ernsthafter Konsequenzen für den Fall der Missachtung - gegenüber seiner Tochter konnte nicht festgestellt werden.

Praxishinweis: Die Hinweise, die das OLG Hamm macht, gehen über den konkreten Fall hinaus. So fordert das OLG, dass ein Kfz-Führer im Einzelfall gehalten sein kann, seine Route derart zu wählen, dass er ausschließlich Straßen befährt, auf denen ein regelmäßiges Umsehen nach dem Kind und ein sofortiges Anhalten möglich ist (z.B. durch Vermeiden von Autobahnen oder Schnellstraßen). Ausnahmsweise kann er sogar gehalten sein, die ständige Kontrolle der Sicherung des beförderten Kindes durch Mitnahme einer Begleitperson zu gewährleisten.

OLG Hamm, Beschluss vom 05.11.2013 - RBs 153/13 = BeckRS 2013,20935.




Aus dem Mietrecht:

Villa "kunterbunt" bei Auszug statt "neutral" wie bei Übernahme.

Immer wieder wird darüber gestritten, in welchem Maß der Vermieter - gerade bei Auszug - in die Dekorationsfreiheit des Mieters eingreifen darf. Bei Mietende jedenfalls muss eine vom Mieter veranlasste Dekoration in kräftigen Farben beseitigt werden.


Die Mieter übernehmen die Doppelhaushälfte mit frisch weiß gestrichenen Wänden. In einigen Räumen tragen sie später kräftige Farben (rot, gelb, blau) auf. Die Rückgabe erfolgt in diesem Zustand, so dass die klagende Vermieterin die Wohnung wieder mit weißer Farbe streichen lässt. Der Bundesgerichtshof gibt ihr in Ihrem Begehren nach Schadensersatz wegen der angefallenen Kosten Recht.

Die Mieter schulden ihrer Vermieterin denjenigen Betrag als Schadensersatz, den sie dafür aufwenden muss, die (Vollton-) Farben wieder zu beseitigen. Übernimmt der Mieter eine in neutralen Farben gestrichene Wohnung, darf er sie bei Beendigung des Mietverhältnisses nicht in einem ausgefallenen farblichen Zustand zurückgeben. Denn ein solcher wird von vielen Mietinteressenten nicht akzeptiert und verhindert damit eine Neuvermietung der Wohnung. Die Beseitigung eines solchen für zahlreiche Mietinteressenten nicht akzeptablen Dekorationszustandes stellt für den Vermieter einen vom Mieter nach §§ 535, 241 Absatz 2, 280 Absatz 1 BGB zu ersetzenden Schaden dar.

Fazit: Im Ergebnis wird der Entscheidung zuzustimmen sein. Ob allerdings das Argument, dass die Vermietbarkeit erschwert wird, überzeugt, muss jedenfalls in angespannten Wohnungsmärkten bezweifelt werden:
Bei Wohnungsraumknappheit wird sich noch "jede" Wohnung (in "jedem" Zustand) vermieten lassen. Indes stellt das Mietrecht insoweit nicht auf die jeweiligen Marktverhältnisse ab. Während der Mietzeit, dies folgt aus der Entscheidung wie aus ständiger Rechtsprechung, kann der Vermieter dem Mieter formularmäßig nicht vorgeben, welche Farben er verwenden soll. Der Mieter muss eine Beseitigung auch dann nicht vornehmen, wenn er die Wohnräume bereits mit einem entsprechenden Anstrich vorgefunden hat und diesen belässt. Denn dann hat er keine schadensauslösende Handlung vorgenommen. Was für kräftige Volltonfarben gilt, wird auch bezüglich sonst ausgefallener Dekorationen zu gelten haben. Hat der Mieter "Bilder" als Wandschmuck aufgebracht oder in anderer Weise eine vom allgemeinen Geschmack stark abweichende Ausstattung vorgenommen, wird man Beseitugung verlangen können.

BGH, Urteil vom 06.11.2013 - VII ZR 416/12 = BeckRS 2013, 21307.






Aus dem Verkehrsrecht:

Aufbewahrungspflicht des Fahrzeugschlüssels
Lässt der Versicherungsnehmer den Autoschlüssel im Korb in einem nicht geschlossenen Aufenthaltsraum (Seniorenheim) zurück, ist die Versicherungsleistung bei Entwendung des Fahrzeugs um 50 % zu kürzen.


Die Klägerin hatte während ihrer Nachtschicht im Seniorenheim ihren Autoschlüssel in einen Korb gelegt, der in einem nicht abgeschlossenen Aufenthaltsraum stand. Dort wurden der Schlüssel und dann das Fahrzeug von einem Unbekannten entwendet. Die Klage auf Entschädigung gegen ihre Kaskoversicherung über die geleisteten 50 % hinaus, bleibt in beiden Instanzen ohne Erfolg.

Das LG und das OLG teilen die Auffassung des Kaskoversicherers, dass die Klägerin den Diebstahl grob fahrlässig herbeigeführt hat und gemäß den Allgemeinen Kaskobedingungen (Stand 2008) eine Kürzung der Versicherungsleistung um 50 % gerechtfertigt ist. Auch wenn die Besuchszeiten des Seniorenheimes beendet gewesen waren, musste die Klägerin damit rechnen, dass auch zu den Zeiten, zu denen die Eingangstüre geöffnet ist, Personen das Haus betreten und auch verlassen. Sie konnte sich insbesondere nicht darauf verlassen, dass sich ab 21 Uhr kein Fremder mehr in dem Seniorenheim aufhalten wird. Das Verhalten der Klägerin, die Schlüssel unbeaufsichtigt in einem unverschlossenen Raum aufzubewahren, ist nicht lediglich als leicht fahrlässig zu bewerten, zumal sie die Möglichkeit hatte, diesen in dem Spind, den sie ohnehin aufsuchen musste, um ihre Arbeitskleidung anzulegen, einzuschließen.

Fazit: Nach dem Versicherungsvertragsgesetz 2008 mit den Allgemeinen Kaskobedingungen 2008 führt eine grob fahrlässige Herbeiführung des Versicherungsfalls nicht mehr zum völligen Wegfall der Entschädigungsleistung. Regelmäßig – wobei es natürlich immer auf den Einzelfall ankommt – wird die unzureichende Sicherheit des Kfz-schlüssels vor dem Zugriff unberechtigter Dritter als grob fahrlässig angesehen.
Die Frage ist nun, wie die Quotelung entsprechend der Schwere des Verschuldens vorzunehmen ist. Auch wenn sicher der Ort der Entwendung tendenziell entlastend ist, war der Kreis der Personen, die einen Zugriff hatten, nicht begrenzt, so dass sich auch in diesem Fall die Kürzungsquote um 50 % noch rechtfertigen lässt. Letztlich kommt es bei der Kürzung aber auf eine Würdigung der Gesamtumstände in objektiver und subjektiver Hinsicht an und es kann nicht von vornherein von einer hälftigen Teilung ausgegangen werden.
OLG Hamm, Urteil vom 14.05.2012 – 6 U 187/11


 
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